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Archäologie im Kleverländischen

 

Bisher unbekanntes Legionslager der Römer am Niederrhein entdeckt

30.11.2015, LVR / AB, Ausgrabungen Funde & Befunde
Teil des geplanten UNESCO-Welterbes »Niedergermanischer Limes«

Archäologen des LVR und der Ruhr-Universität Bochum haben am Niederrhein ein bislang unbekanntes, besonders stark umwehrtes Militärlager der Römer entdeckt. Das 14 Hektar große, von mindestens einer Legion genutzte Lager war von besonderer militärischer Bedeutung, denn es weist drei umgebende, parallel verlaufende Spitzgräben auf.
Prof. Dr. Jürgen Kunow, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland: »Eine derartige Sicherung ist bisher einmalig im Rheinland. Offenbar wurde das Lager über eine längere Zeit genutzt, keinesfalls nur als Marschlager. Die Entdeckung ist eine kleine Sensation, denn die Anlage war sicherlich von ganz besonderer militärischer Bedeutung.  Wir werden die Fläche auf jeden Fall in die Antragsliste für das UNESCO-Welterbe ‚Niedergermanischer Limes‘ aufnehmen.«
Entdeckt hat das neue Lager der Luftbild-Archäologe Dr. Baoquan Song von der Ruhr-Universität Bochum. Er fliegt regelmäßig Gebiete in Nordrhein-Westfalen ab, um Aufnahmen von archäologisch relevanten Flächen zu machen. In den Luftbildern ist das Getreide über verfüllten römischen Gräben dunkler, weil die Füllung lockerer ist als das umgebende Erdreich und die Pflanzen dadurch tiefer wurzeln und mehr Nährstoffe aufnehmen können. Auf den Bildern von Baoquan Song sind im Bereich von Kapitelshof und Westrichhof bei Bedburg-Hau-Till die für römische Lager typischen Gräben mit den abgerundeten Ecken sichtbar. Dass es sich dabei um einen Platz von besonderer Bedeutung handeln muss, schlossen Archäologen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege aus der mit mehreren parallelen Gräben ungewöhnlich starken Befestigung.
Weitere Spuren ergaben sich aus einer Luftbildkarte des niederländischen Vermessungsamtes und aus geophysikalischen Messungen, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln durchgeführt wurden. In dem Gelände am Westrichhof sind zahlreiche Lagerspuren zu erkennen, offenbar muss von einer mehrphasigen Nutzung des Areals ausgegangen werden. Die Anlage mit mehrfachen parallelen Lagergräben weist eine Länge von mindestens 500 Metern und eine Breite von etwa 370 Metern auf. Die Befestigung umschließt dabei eine Fläche von etwa 14 Hektar. Steve Bödecker, Limes-Projektleiter beim LVR: »Marschlager wurden meist für einen oder wenige Tage benutzt. Sie weisen üblicherweise nur einen Lagergraben auf. Am Westrichhof lassen die vielen Lagerphasen und die massiven Befestigungen auf einen längeren Aufenthalt einer römischen Truppe schließen, als wir erwartet hatten.«
Zur Klärung der Bauweise der Lagerbefestigung lässt das archäologische Fach¬amt des LVR jetzt am Westrichhof eine Untersuchung durch die Firma Artemus durchführen. Der Grabungsschnitt wurde quer durch die Umwehrung angelegt. Damit will man die Größe und Bauweise der Spitzgräben, die innenliegende Aufschüttung und eine mögliche Bebauung im Inneren nachweisen. Üblicherweise errichtete das römische Militär mit dem Aushub einen Wall, länger genutzte Lager erhielten eine von Holzpflöcken eingefasste »Holz-Erde-Mauer«. Zugleich erhoffen sich die Fachleute anhand von Funden Hinweise auf die Datierung und damit auf die Nutzung des Lagers. Steve Bödecker: »Wir wissen aus der römischen Geschichtsschreibung, dass aufgrund von Aufständen oder Feldzugsvorbereitungen zeitweise zusätzliche Legionen an den Niederrhein entsandt wurden, so etwa unter Kaiser Claudius zur Eroberung von Britannien oder unter Kaiser Vespasian zur Niederschlagung eines Aufstandes. Wir suchen aber immer noch deren Lager. Vielleicht sind wir hier fündig geworden.«
Finanziert werden die Grabungen und Forschungsarbeiten aus einem Sonderprogramm für die Vorbereitung des UNESCO-Welterbenantrages zum Niedergermanischen Limes vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen.

 


Das römische Legionslager bei Bedburg-Hau-Till wurde offenbar über einen längeren Zeitraum genutzt und mehrfach ausgebaut, wie die zahlreichen Grabungspuren zeigen.
Grafik: Steve Bödecker/Eugen Rung (2015), LVR-ABR


 

Die von den Römern angelegten parallelen Gräben sind an ihrer dunklen Verfärbung deutlich im Luftbild erkennbar. Römische Militärlager bildeten immer spielkartenförmige Rechtecke, markant sind stets die abgerundeten Ecken.

Foto: Baoquan Song (2015), Ruhr-Universität Bochum


Luftbild von der Grabung. Gut erkennbar in der Bildmitte die Spuren der Öfen mit Schlackeresten von der Metallverarbeitung. Foto: Baoquan Song (2015), Ruhr-Universität Bochum



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Till statt Rindern? Forscher auf den Spuren von „Arenacum“
Bedburg-Hau (08.05.2016). Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist Rindern identisch mit dem erstmals um das Jahr 70 n. Chr. bei Tacitus in seiner Beschreibung der Bataver-Aufstände erwähnten Arenacum. - So steht es bei Wikipedia. Es könnte durchaus sein, dass nicht nur das Internet-Lexikon bald umgeschrieben werden muss. Fortgesetzte Grabungen des LVR-Amtes für Bodendenkmal-pflege im Rheinland fördern mehr und mehr Informationen zu Tage, dass die 10. Legion einst nicht in Rindern, sondern vielmehr in Till gelagert hat. „Die großen, gesicherten Anlagen, die wir hier gefunden haben, konnten in die Zeit zwischen 50 und 120 nach Christus datiert werden. Das würde zeitlich zu den Tacitus-Aufzeichnungen passen. In Rindern wurden noch keine entsprechen-den Spuren gefunden“, sagt Steve Bödecker, Limeskoordinator des LVR. „Es braucht noch weitere Forschung und auch ein bisschen Glück, um in dieser Frage weiterzukommen.“
Im November vergangenen Jahres konnte bei einer archäologischen Grabung in Till die Existenz eines bislang unbekannten, besonders gesicherten Römerlagers nachgewiesen werden. Diese Anlage erstreckte sich über eine Fläche von etwa 300 x 500 Meter (das entspricht 14 Fußballfeldern) und bot einer ganzen Legion, also rund 5.000 Soldaten, Platz. Zudem wies sie mindestens drei parallele Spitzgräben und in Teilen eine Holz-Erde-Mauer auf. „Das lässt vermuten, dass sie für einen längeren Aufenthalt der Legionäre errichtet worden war“, so Bödecker. Im Luftbild war in diesem Bereich aber noch ein weiteres, anders orientiertes Lager zu erkennen. Um Alter, Bauweise und Funktion der beiden Anlagen zu erkennen, wird an deren Schnittstelle derzeit eine weitere Grabung durchgeführt.
Seit vier Wochen ist das Team um Grabungsleiter Boris Burandt dort zugange, förderte unter einer dicken Deckschicht Geschichtsträchtiges zu Tage. Bis auf zwei Halsstücke von Krügen sowie Bruchstücke von Tafelgeschirr wurde zwar wenig Material aus dem Alltagsleben der Legionäre gefunden (Burandt: „Das spricht für einem kontrollierten Abzug der Truppen.“), dafür wurde das bestätigt, was Luftaufnahmen und Magnetometer-Messungen vermuten ließen: sich kreuzende Spitzgräben, die nicht nur im Profil, sondern auch im Relief sichtbar gemacht werden konnten. „Wir werden den Schnitt in den kommenden Tagen noch erweitern, dann vielleicht auch erfahren, wie es im Inneren des Lagers ausgesehen hat“, so Boris Burandt. Fest steht schon jetzt, dass die Anlage in den Antragsliste für das Unesco-Welterbe ‚Niedergermanischer Limes‘ aufgenommen wird. „Der Antrag soll 2020 gestellt werden“, erklärt Steve Bödecker. (Text & Foto: Michael Terhoeven)

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